„Hierbleiben… Spuren nach Grafeneck“
Aufführung am Montag, 14. Juni ab 11 Uhr in Sigmaringen
Am Montag, 14.06.21 ab 11 Uhr ist das Straßentheaterprojekt des Reutlinger Theater in der Tonne e.V. in Sigmaringen auf dem Rathausplatz zu sehen.
Unter dem Titel „Hierbleiben… Spuren nach Grafeneck“ nimmt sich das Projekt ein historisch bedeutendes Ereignis der „Euthanasie“-Verbrechen zum Anlass. Durch die Begegnung mit den Darsteller*innen mit Behinderung im öffentlichen Raum wird auch ihre heutige Situation aufgezeigt.
Die berüchtigten „Grauen Busse“ kamen auch in das damalige Fürst-Carl-Landeskrankenhaus in Sigmaringen und deportierten Menschen mit Einschränkungen nach Grafeneck, die dort am Tag der Ankunft ermordet wurden. Insgesamt wurden im Jahr 1940 in der Zeit des Nationalsozialismus 10.654 Menschen mit Behinderungen oder geistigen Erkrankungen in Grafeneck ermordet, weil Sie den Nationalsozialisten als „lebensunwert“ galten.
In Anspielung an die "Grauen Busse", die damals zur Deportation dienten, wurden 25 Herkunftsorte der Menschen mit Einschränkungen in Baden-Württemberg für das Straßentheaterprojekt ausgewählt. Grafeneck selbst ist Teil dieser 25 Orte. Der Theaterbus fährt mit dem inklusiven Ensemble, Requisiten, Bühnenbild, Kunstobjekten, etc. direkt vor Ort, um die performative Aufführung umzusetzen. Unter der Regie von Theaterintendant Enrico Urbanek wird das Projekt vom Theater Reutlingen Die Tonne umgesetzt.
Begegnungen mit dem Ensemble
Bei diesem Projekt verbindet sich Choreografie, Musik, bildender Kunst, Medienkunst und dokumentarischen Elementen. Über eine facettenreiche Auseinandersetzung zwischen Ensemble und Publikum werden Denkanstöße gegeben, die weit über Betroffenheit einerseits und Information andererseits hinausgehen. Durch den Einsatz historischer Fakten in Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum Gedenkstätte Grafeneck, dem Kreisarchiv Sigmaringen sowie den SRH Kliniken wird jeweils ein direkter regionaler und gesellschaftlicher Bezug hergestellt.
Der Bus verweilt dabei circa zwei Stunden auf dem Rathausplatz und bietet verschiedene Begegnungen mit dem Ensemble. Die Interaktionen mit dem Publikum können Aufgrund der Corona-Pandemie nur unter gebührendem Abstand stattfinden. Um die nötigen Abstände zwischen den Zuschauer*innen während der Corona-Pandemie einzuhalten, wird auf dem Rathausplatz eine Theatersituation aufgebaut, sodass Sitzplätze in einem abgesperrten Bereich vor der Bühne vorhanden sind. Der Eintritt ist frei, jederzeit kann man noch dazu stoßen und wieder weiterziehen. Am Einlass muss ein Nachweis über einen tagesaktuellen negativen Schnelltest, die Genesung oder über den vollständigen Impfschutz vorgezeigt werden.
Nicht nur LEADER-Oberschwaben fördert ...
„Wir danken der Stadt Sigmaringen, der LEADER-Region Oberschwaben, dem Landratsamt sowie den SRH Kliniken Sigmaringen, die uns nach allen Möglichkeiten bei der Umsetzung der Aufführung des Projekts in Sigmaringen unterstützen, trotz Corona“, so Projektleiter Maximilian Tremmel. Ursprünglich hätte die Premiere am 8. Mai 2020 in Reutlingen im Rahmen des Kultur vom Rande Festivals stattgefunden. Die Corona-Pandemie machte eine Neuplanung nötig, die erste Aufführung fand am 17. September 2020 in Mosbach statt. Die ersten sieben Aufführungen im Herbst 2020 stießen auf großes Interesse bei der Bevölkerung. In Gesprächen berichteten die Zuschauer*innen, darunter auch mehrere Schulklassen, von einem beeindruckenden und bewegenden Theatererlebnis.
Nach den ersten sieben Aufführungen im Herbst 2020 stehen für 2021 weitere 18 Aufführungen auf dem Programm. Nach der winter- und coronabedingten Spielpause ist die voraussichtlich erste Aufführung am 10. Juni 2021 in Rastatt.
Kooperations und viel Engagement machen's möglich ...
Das seit 60 Jahren bestehende Theater Reutlingen Die Tonne hat bereits seit vielen Jahren Erfahrungen mit der inklusiven Theaterarbeit und präsentiert die entwickelten Inszenierungen regelmäßig auf Festivals im deutschsprachigen Raum. Seit 2012 gibt es am Theater Reutlingen Die Tonne eine von den örtlichen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen mitgetragene Initiative, bei der Menschen mit Beeinträchtigungen einen Teil ihrer Arbeitszeit am Theater absolvieren und dort eine künstlerische Ausbildung erhalten.
Das Projekt wird gefördert durch die LEADER-Förderung (ein von der EU eingerichtetes Förderprogramm für die Entwicklung ländlicher Räume) und von der „Lernenden Kulturregion Schwäbische Alb“ im Rahmen von „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes, den Landkreis Reutlingen sowie durch Daimler Truck.
Kooperationspartner sind BAFF [Träger Lebenshilfe und BruderhausDiakonie], die Fakultät für Sonderpädagogik der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, die BruderhausDiakonie-Werkstätten Reutlingen sowie die Habila GmbH Rappertshofen Reutlingen.
Informationen und Hintergründe ...
Weitere Informationen, Fotos sowie Aufführungstermine auf der Projekt-Homepage
Bildnachweis Fotos Aufführungen und Proben: Theater Reutlingen Die Tonne; Bildnachweis Plakatmotiv: Portrait von Theodor Kynast (Charkow 1904 - 1940 Grafeneck) Bildarchiv Gedenkstätte Grafeneck – Dokumentationszentrum, Design: schöpfungsfragen.de
Trailer des Projekts bei YouTube
Facebook-Kanal des Theater Reutlingen
Instagram-Seite des Theater Reutlingen
Info bei LEADER-Oberschwaben