Radfahrerunterkunft & Kunst am Giebel – Das Alte erhalten und neu beleben
Wer aus Richtung Munderkingen durch die Ortschaft Rottenacker fährt oder geht, sieht schon von weitem eine faszinierend bemalte Hauswand. Nehmen Sie sich die Zeit und betrachten Sie diese von nahem! Es ist unglaublich welch feine Details auf so einer grobporigen Wand herausgearbeitet wurden. Unter dem Motto „Kunst am Giebel“ ist hier wahrlich ein wunderschönes Kunstwerk entstanden. Aber wie kam es zu diesem Kunstprojekt und was steckt hinter der Fassade?
Ehemalige Werkstatt
Das Gebäude selbst ist ein über hundert Jahre altes Bauernhaus und liegt direkt am Donau-Radweg. Neben dem Wohnbereich war ursprünglich eine landwirtschaftliche Scheune und eine Schreinerwerkstatt. 2014 erwarb der heutige Hausbesitzer Stephan Ott das alte Landwirtschaftsgebäude. Nach der Renovierung zog er in den Wohnbereich ein. Aber was sollte er mit dem Rest des historischen Gebäudes anfangen? Aufgrund des regen Radverkehrs vor dem Haus entstand die Idee einer Radunterkunft. So bewarb sich der Besitzer mit seiner Vision um eine LEADER-Förderung. Mit deren finanzieller Unterstützung konnte 2019 mit dem Umbau gestartet werden.
Aus Scheune und Werkstatt werden charmante Wohlfühlräume
Aus Scheune und Werkstatt entstand mit viel Engagement und Arbeitseinsatz eine wunderschöne Unterkunft. Tatkräftige Hilfe bekam Herr Ott von seinen Freunden und Bekannten. Empfangen wird man in der Radunterkunft von einem Anblick der einem das „Herz aufgehen“ lässt. Die riesige Fensterfront bringt viel Helligkeit in den gemütlichen Empfangs- und Aufenthaltsraum. Eine Wand wurde hier im originalen Zustand belassen. Ein gemütlicher alter Sessel lädt zum Verweilen am Kaminofen ein. Der Kaminofen soll aber nicht nur hier im Raum für Wärme und Gemütlichkeit sorgen, er hat auch ökologisch seinen Sinn im Gebäude. Mit ihm wird durch Pellets das Wasser beheizt, im Technikraum befindet sich der dazugehörige Wasserspeicher und von da aus werden dann alle „klassischen“ Heizkörper in den Schlafzimmern und anderen Räumen beheizt. Wundervolle Beratung und Unterstützung in allen Energie- und ökologischen Fragen bekommt Herr Ott von Paul Keßler vom Unternehmen System Sonne GmbH. Im oberen Bereich sind vier Gästezimmer entstanden. Zwei davon sind teilweise im Ursprungszustand belassen worden. Hier sieht man sowohl die originale Steinmauer als auch das Holzgebälk an der Decke. Zusammen mit den Stockbetten haben die beiden Zimmer einen unvergleichlichen Charme.
Rad-Werstatt kombiniert mit kulturellen Veranstaltungen
Aktuell wird gerade noch die kleine Küche ausgebaut und eine „Rad-Werkstatt“ eingerichtet, in dem die Gäste selbst Reparaturen an ihren Fahrrädern vornehmen können. In einem Nebenraum, erreichbar direkt von der Straße her, soll ein kleiner Selbstbedienungshofladen mit regionalen Produkten entstehen. In den Wintermonaten, wenn die Radsaison vorbei ist, sollen im gemütlichen „Herzstück der Radunterkunft“ kleine Veranstaltungen wie Lesungen oder ähnliches stattfinden.
Auf Efeu, folgte langweiliges Weiß, folgte Kunst
Während dem Umbau eines so alten Bauernhauses gibt es selbstverständlich auch immer wieder „Überraschungen“, wenn es in die „Tiefe“ geht. Dies war auch beim Giebel der Fall. Eigentlich wollte der Besitzer den wunderschönen Efeubewuchs so belassen.
Während der Bauphase zeigte sich jedoch, dass es notwendig ist den Efeu zu entfernen, um hier Stabilisierungsmaßnahmen vornehmen zu können. Nach dem der Efeu mühsam entfernt war blieb hier eine riesige, weiße, fensterlose Fläche übrig, die Herr Ott als sehr störend empfand. So kam es zur Überlegung aus dem gesamten Giebel ein Kunstwerk entstehen zu lassen. Auch Paul Keßler begeisterte diese Idee und so übernahm er kurzerhand mit seinem Unternehmen System Sonne GmbH die Projektpatenschaft und bewarb sich bei der Leader-Aktionsgruppe Oberschwaben um eine Förderung für „Kunst am Giebel“. Da Kunst und Kultur ein wichtiger Schwerpunkt der LEADER-Aktionsgruppe ist erhielt er für 2021 eine Förderzusage und die Planung konnte beginnen. Für die Umsetzung des Kunstprojekts kann der erfahrene Künstler, Hansjörg Eder aus Riedlingen gewonnen werden. Unterstützt wird er von vier jungen Absolventen der Ulmer Grafikschule an der Herr Eder unterrichtet. So entsteht im Laufe der Zeit und nach unzähligen Entwürfen nach und nach eine Collage für die Giebelwand.
Wandmalerei neu gedacht und umgesetzt
Wie kann man sich die Umsetzung von kleinen Zeichnungen auf so ein riesiges Format vorstellen? Herr Ott selbst beschreibt den Vorgang folgendermaßen: Die Vorlage wird auf Originalgröße vergrößert. Hiervon wird eine Pausvorlage erstellt und bei dieser wird mit „Mini-Pizzarädchen“ jede Linie nachgezogen. Anschließend klebt man die Vorlage an die Hauswand. Jeder Strich wird mit Kohle abgepudert und dann ausgearbeitet. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Jedes noch so kleine Detail wurde mit viel Liebe gezeichnet. So haben Jana Schäfer, Phyllis Traub, Carina Cebulla und Dominik Wilk unter Anleitung von Hansjörg Eder ein großartiges Kunstwerk geschaffen.